Randbemerkung

und zwei Anekdoten

 

Liebe Leserin, lieber Leser,

 

lange lagen Anfang und Ende des Romans auf meiner Festplatte. Um genau zu sein: Der Prolog und der Epilog. Die Kapitel dazwischen existierten nur in meinen Gedanken. Sie reiften, traten aber nie zutage, bis Heinz Rochholl, der Leiter des Telegonos-Verlags, am 7. Juli 2023 mit mir telefonierte und mir eine Frage stellte, die mein Herz schneller schlagen ließ: »Bis wann kannst du mir einen zweiten Kriminalroman um Gotthilf Leberecht schreiben?« Spontan habe ich ihm das Manuskript für Ende September zugesagt. Dann flossen die Kapitel nur so aus mir heraus. Das Schreiben hat mir Spaß gemacht. Und später haben Sie hoffentlich genauso viel Vergnügen beim Lesen!

 

Wie versprochen landete das Manuskript am 30. September beim Telegonos-Verlag im Briefkasten. Ein Dankeschön an Erika Möstl und Andreas Hornung, die beide als Testleser Unebenheiten in Sprache und Logik geglättet und zur Einhaltung des Termins beigetragen haben.

 

Auf Grund von Leserwünschen nach Regionalbezug sind Gotthilf, Uschi und Yvonne nun in dem fiktiven Städtchen Hembach nahe Nürnberg daheim, das ich meiner Heimatstadt Unterschleißheim bei München nachempfunden habe.

 

Ein guter Teil der Handlung von Schweigegeld - Leberechts zweiter Mord spielt in O Grove, der 10.000-Seelen-Gemeinde auf einer hundekopfförmigen Halbinsel an Spaniens Atlantikküste. In Galicien, rund 100 Straßenkilometer nördlich der Grenze zu Portugal. Den Ort und seine Umgebung kenne ich gut, er ist zu meiner zweiten Heimat geworden. So sind die Beschreibungen der Orte, der Gastronomie und der Behörden authentisch, weil von mir selbst regelmäßig besucht. Das gilt auch für den kiosko moscón, das Crisol, das Lusco-Fusco und das Hotel Pabellón in O Grove. Von den beiden letzten kenne ich die Inhaber, die mir freundlicherweise erlaubt haben, ihren Betrieb und sie selbst im Buch zu verewigen. Evaristo saß ich an seinem Schreibtisch gegenüber, wenn ich auch keinen Wein ausführen, sondern ein Auto nach Spanien einführen wollte. Die Konservenfabrik marisol ist fiktiv, an jenem Ort befindet sich eine Firma, deren Namen und Gewerbe ich nicht kenne. Vor Jahrzehnten befand sich in den Gebäuden und dahinter im Freien eine Nerzfarm. Zum Glück für die Tiere hat sie sich nicht lange gehalten.

 

***

 

Anhand eines Artikels der Regionalzeitung Faro de Vigo habe ich den Kommentar eines Bekannten über einen Kongress im Oktober 2022 überprüft, der auf der Insel La Toja tagte und an dem der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez und der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz teilgenommen haben. Den ebenfalls dem Kongress beiwohnenden Bürgermeister O Groves kenne ich persönlich. Er hat Scholz wiedererkannt und ihn auf seinen Sprachkurs angesprochen, den der in den späten Siebziger- oder den frühen Achtzigerjahren in einer der damals  zahlreichen Sprachakademien im Ort absolviert hatte. Immerhin war mir das eine Bemerkung im Roman wert.

 

 

Lange hatte ich erfolglos gegrübelt, wie sich das Trio um Gotthilf Leberecht in Spanien verständigen sollte. Könnte Yvonne mit Französisch als zweiter Muttersprache auf Spanisch radebrechen, und sollte das ausreichen? Oder hätte Uschi noch genügend Spanisch drauf von gemeinsamen Urlauben mit ihrem Mann, als der noch lebte? Als ich mich Mitte Juli 2023 wieder intensiver mit dem Manuskript befasste, hätte ich am liebsten mit Gotthilf »Heureka!« geschrien. Hatte ich doch glatt seine Vergangenheit unterschlagen, bis sie sich mir förmlich aufdrängte (wenn auch der folgende Text derzeit nur im Manuskript steht und das Lektorat noch nicht durchlaufen hat):

 

»Seit wann sprichst du eigentlich spanisch, und das noch fließend? Davon hatte ich bisher gar nichts mitbekommen.« Als sie die Treppe hochstiegen und Teresa vorauseilte, um die Türen zu öffnen, nutzte Yvonne die Gelegenheit zur Frage.

Uschi beeilte sich zu antworten. »Tja, unser Gotthilf ist immer für eine Überraschung gut. Er hat mehrere Jahre in Südamerika verbracht und dort sogar im Gefängnis …«

Zwar hatte Gotthilf ihr einen warnenden Blick zugeworfen, aber da hatte sich Uschi schon verplappert. Yvonne bekam große Augen.

»Im Gefängnis – du

»Ja, im Gefängnis. Aber es war ein Justizirrtum, und ich wurde habilitiert.« 

»Reha! Rehabilitiert.« Uschi gluckste vor Vergnügen über Gotthilfs sprachlichen Lapsus. Dieses Kapitel aus seinem Leben hatte sie während eines Smalltalks aufgeschnappt, und es hatte ihre Bewunderung für Gotthilf verstärkt. Es machte ihn in ihren Augen interessanter und maskuliner. Und „rehabilitiert“ war zutreffend.

 

 

Ihr

Michael Kothe