Uschi Haberkorn & Yvonne Blaschke

Die Vermieterin, die Putzhilfe und noch viel mehr

 

Wie möchten Sie, liebe Leserinnen und Leser, die beiden am liebsten kennenlernen? Sicherlich nicht in einer nüchternen Personenbeschreibung. Die passte zwar in einen Kriminalroman, erschiene mir aber lieblos. Viel lieber stelle ich sie Ihnen anhand einiger Textauszüge vor.

 

 

(aus Schweigegeld - Leberechts zweiter Mord)

Uschi, also Ursula Haberkorn, seine Vermieterin, die zwei Stockwerke höher wohnte, hatte Yvonne seinerzeit engagiert und über Leberechts Faible für Philip Marlowe aufgeklärt, den Helden aus amerikanischen Detektivromanen und Schwarzweiß-Filmen. Obwohl sie (Yvonne. Anm. des Autors) selbst über zwanzig Jahre jünger war, hatte sie mit der seit Jahren verwitweten und nun wieder lebenslustigen Mittfünfzigerin spontan Freundschaft geschlossen, auch wenn sie sich durch deren burschikose Art manchmal bevormundet vorkam. Sie bewunderte Uschi dafür, dass sie ehrlich zu ihrem Alter stand und weder ihr schulterlanges graues Haar färbte noch ihre Lachfältchen durch Schminke kaschierte. Außerdem hatte sie durch das Duzen schon bei ihrem Antrittsbesuch für das freundschaftliche Verhältnis gesorgt, das die drei nun verband. Gotthilfs übrige Marotten hatte sie nach und nach kennengelernt, seit sie dienstags und freitags nach ihrem Halbtagsberuf herkam, um bei ihm zu putzen.

 

 

(aus Roman mit Todesfolge - Leberechts erster Mord)

Uschi Haberkorn:

Mit dem dumpfen Schlag, der typisch ist für das Zuschlagen eines gebundenen Buches, holte ihn (Gotthilf Leberecht. Anm. des Autors) die Frau im Schreibtischsessel endgültig ins Hier und Jetzt zurück. Im Halbdunkel fiel der lichte Fleck der Schreibtischlampe nicht nur auf das Buch in ihren Händen, sondern ließ auch ihr Gesicht erkennen. Lachfältchen um die Mundwinkel deuteten ebenso wie das Grau im offen getragenen Haar auf einen humorvollen, weltoffenen und selbstbewussten Menschen hin. Nach der Heimkehr in die anonyme Wohnanlage hatte die Haberkorn ihm auszugsweise aus Valentina Nightingales Buch vorgelesen und eben das letzte Kapitel beendet. 

Gähnend und mit einem müde hingewedelten Winken beendeten sie ihre lange Literaturnacht und begaben sich zur Bettruhe. Gotthilf Leberecht in seinem Schlafzimmer nebenan, Ursula Haberkorn zwei Etagen höher.

  

 

(aus Roman mit Todesfolge - Leberechts erster Mord)

Yvonne Blaschke

Ein paar unhöfliche Augenblicke zu lang starrte Leberecht auf die attraktive Frau im Hausflur. Ein süffisantes Lächeln stahl sich in sein Gesicht, als er an die abgedroschene Phrase dachte, dass er sie wohl kaum beschreiben könnte, ohne die Hände zu Hilfe zu nehmen. Ebenso wenig politisch korrekt war der Gedanke, der seinem heimlichen Lob für ihre von Leggings und Kurzarmpulli betonten Figur folgte: Ungarisch-blond! Außer diesen Mitteleuropäerinnen trägt keine Frau der Welt ihr Haar in diesem einzigartigen Kupferton.

Bei ihren ersten Worten zuckte er zusammen.

»Bonjour, isch bin Yvonne. Frau Aberkorn at misch für Ihnen als Pützfrau eingestellt.«

Wieso um alles in der Welt spricht eine Ungarin mit französischem Akzent? Der Blick auf die Kittelschürze, die sie über ihren linken Unterarm gelegt hatte, und auf die Gummihandschuhe in ihrer Hand machte ihm klar, dass er wohl noch öfter Gelegenheit bekäme, diese Frage zu erörtern. Wahrscheinlich sogar mit ihr gemeinsam. Durch diese Überzeugung gefestigt, fand er seine Sprache wieder.

»Bonjour, Mademoiselle Yvonne, je suis enchanté de faire votre connaissance.« Damit war er mit seinem Französisch ebenso wie mit seinem Latein am Ende. Hatte die Haberkorn ihm eine Putzhilfe überhaupt angekündigt? Wie er sich erinnerte, hatte sie mehrfach betont, wie wichtig es ihr sei, dass er ‚ihre Wohnung schone und in Schuss halte‘, wie sie sich ausdrückte. Aber eine Putzfrau? 

Die Frage beantwortete sich wie von selbst, denn jetzt schob sich seine Vermieterin in den Türrahmen.

 

  

»Dankeschön, Herr Leberecht, das ist ein netter Einstand.« Yvonne hatte den Kopf gehoben und sog mit offensichtlichem Genuss den Duft des frischen Kaffees ein.

Wo, bitte, ist ihr Akzent geblieben? Schon öffnete er den Mund, um ihr diese Frage zu stellen, aber Ursula Haberkorn kam ihm zuvor.

Sie beugte sich zu Yvonne hinüber. »Aber, Yvonne, ich hatte dir doch gesagt, dass wir es nicht so förmlich halten wollen. Also, er heißt Gotthilf und nicht ‚Herr Leberecht‘. Für dich bin ich ja auch Uschi.«

Yvonne nickte. Herrn Leberecht, der nun wohl nur noch Gotthilf hieß und der Uschi anstarrte, warf sie einen schüchternen Blick zu. »Ja, natürlich.«